Welche Gitarre ist die Richtige für Anfänger?

Ne coole E-Gitarre, eine Westerngitarre oder doch lieber eine klassische Konzertgitarre? Nach der Entscheidung, das Gitarrenspiel erlernen zu wollen, stellt sich die Frage nach dem geeigneten Instrument für Einsteiger. Welche Gitarrenart ist für den Anfang zu empfehlen? Eine Entscheidungshilfe.

Die Gemeinsamkeiten

Gitarren-Griffbrett Ton C
Ob Konzert-, Western- oder E-Gitarre - die Lage der Töne auf dem Griffbrett ist überall gleich

Das Wichtigste vorab: Die üblichen Gitarrenarten – ob Konzert-, Flamenco-, Folk- bzw. Western- oder E-Gitarre – haben elementare Gemeinsamkeiten: Alle sind mit sechs Gitarrensaiten bespannt, das Griffbrett jeder dieser 'normalen' Gitarren ist mittels sogenannter Bünde in Halbtonschritte unterteilt, und die Saiten werden in aller Regel identisch gestimmt (Standardstimmung: E-A-d-g-h-e1).

Das bedeutet: Töne und Akkorde werden grundsätzlich gleich gegriffen. Der Ton C zum Beispiel findet sich immer im dritten Bund der A-Saite, vollkommen egal, ob E- oder Akustik-Gitarre. Wenn Du also auf der Konzertgitarre einen Akkord greifen oder eine Melodie spielen kannst, kannst Du es auch auf einer Fender Telecaster oder einer Gibson Flying V (um zwei berühmte E-Gitarren-Modelle zu nennen).

Die 'Kartografie' der Gitarre, also die Lage der unterschiedlichen Töne auf dem Griffbrett, ist somit identisch. Diese Ton-Verortung jedenfalls in Ansätzen zu vermitteln, ist erstes Lernziel so ziemlich jedes Anfänger-Kurses. Und weil das auf jeder üblichen Gitarrenart gleich funktioniert, spielt es in dieser Hinsicht keine Rolle, mit welcher Bauform Du zu lernen beginnst.

Die Unterschiede

Materialbedingt gibt es allerdings dann doch Unterschiede. Die traditionellen Konzertgitarren und die etwas kleineren Flamenco-Gitarren werden mit Nylonsaiten bespannt, elektrische Gitarren und Westerngitarren hingegen mit Stahlsaiten. Stahlsaiten werden unter deutlich größerer Spannung aufgezogen, sie sind (bei gleicher Stimmung) also strammer eingespannt als Nylonsaiten. Außerdem sind die Gitarrenhälse von Konzertgitarren breiter und etwas dicker als die von Western- und E-Gitarren. Die Saiten liegen daher bei traditionellen Gitarren mit Nylonsaiten nicht so eng nebeneinander, wie das auf den schmaleren Griffbrettern der modernen Stahlsaiten-Gitarren der Fall ist.

Übrigens: Falls Du als Linkshänder eine Grundsatzentscheidung unabhängig vom Gitarrentyp treffen musst, hier mein Plädoyer für die Linkshändergitarre (auf Kinder bezogen, gilt aber allgemein).

Zwei Gründe scheinen sich hieraus ableiten zu lassen, mit einer Konzertgitarre den Gitarrenunterricht zu beginnen: Die etwas dickeren und nicht so stramm gespannten Nylonsaiten verursachen beim Herunterdrücken mit den Fingerkuppen der Greifhand weniger 'Schmerzen'. Und aufgrund der größeren Abstände zwischen den einzelnen Saiten lassen sie sich zielgenauer einzeln treffen bzw. greifen, ohne dabei benachbarte Saiten versehentlich zu berühren. Aber ist das tatsächlich so?

Richtig ist: Untrainierte Fingerkuppen signalisieren recht schnell, dass sie keine Saiten mehr drücken möchten. Das aber ist ein gängiges Problem beim Start ins Gittarrenspiel - unabhängig vom Saitenmaterial. Durch regelmäßiges Üben bildet sich auf den Fingerkuppen der greifenden Hand Hornhaut (die später nicht mehr sichtbar, aber weiterhin spürbar ist). Und dank dieser Schutzschicht verschwinden dann die anfänglichen (geringen) Schmerzen. Da muss schlicht und einfach jeder angehende Gitarrero durch. Vielleicht dauert diese Phase beim Spiel auf Stahlsaiten einige (wenige) Übungseinheiten länger - aber kann das wirklich ein ausschlaggebendes Argument für die Wahl der Gitarrenart sein? Übrigens lässt sich dieses Problem recht leicht verringern, indem Du die ersten Griffe von Tönen und Tonfolgen auf den Basssaiten trainierst. Die sind auch auf E- und Westerngitarren so dick (und zudem umsponnen), dass sie nicht ins Fleisch schneiden.

Eins aber spricht tatsächlich für die Konzertgitarre: sehr kurze Finger. Vor allem für Heranwachsende gibt es sogenannte Kindergitarren - und die ganz kleinen Größen werden fast ausschließlich als Konzertgitarren gebaut (abgesehen von Spielzeug-E-Gitarren, das sind aber keine Musikinstrumente - sondern Sondermüll).

Und zum zweiten Argument: Möglicherweise ist die Trefferquote bei den weiter auseinanderliegenden Nylonsaiten für Ungeübte etwas höher, Einzeltöne lassen sich eventuell etwas sauberer greifen (vor allem bei sehr breiten/dicken Fingerkuppen). Aber spätestens beim Greifen von Akkorden bzw. von mehreren Tönen gleichzeitig kann sich dieser vermeintliche Vorteil ins Gegenteil verkehren. Die Finger müssen dabei auf Konzertgitarren größere Abstände überbrücken, müssen sich also stärker dehnen bzw. spreizen. Das zu lernen, erfordert mindestens so viel Übung, wie das leicht kniffligere Greifen von Einzeltönen auf schmalen Griffbrettern.

Die Quintessenz

Zur Frage nach der richtigen Anfängergitarre scheint sich ein Konsens entwickelt zu haben. Die im Netz vielfach anzutreffende Antwort lautet gleichklingend: Konzertgitarre. Ich halte das für problematisch - und sachlich für unbegründet (siehe oben). Zum Problem wird es, wenn Deine Motivation fürs Gitarrenspiel gegen eine klassische Gitarre spricht, wenn Du Dich also entschieden hast, Gitarre spielen zu lernen, weil Du zum Beispiel Rockmusik machen möchtest. Warum dann den Umweg über eine Konzertgitarre gehen? Aller Anfang ist gleich, ja, und der Umstieg von einer Konzertgitarre auf eine E-Gitarre ist nicht wirklich knifflig (umgekehrt sieht das schon anders aus). Aber wenn die vermeintlich leichter spielbare Konzertgitarre nur in der Ecke liegt, weil Du schnell die Lust daran verlierst, ist es ein sehr schlechter Rat.

Übrigens wird in Gitarren-Foren immer wieder die Frage nach der für Anfänger geeignetsten Gitarrenart gestellt. Und regelmäßig lautet dann ein Ratschlag, der bei mir auch heftiges Kopfschütteln verursacht: Geh in einen Gitarrenladen und spiel die unterschiedlichen Modelle an. Häh? Wie soll denn ein Anfänger, der noch gar nicht spielen kann, Gitarren anspielen? Relativierend wird dann manchmal nachgeschoben, man könne ja den Verkäufer oder die Verkäuferin bitten, etwas auf den unterschiedlichen Modellen vorzuspielen. Und was soll das nun bringen? In der Regel wird sich dadurch nur herausstellen, welche Vorlieben diese einzelne Person hat, auf welchem Instrument sie am liebsten spielt. Hilft Dir das bei Deiner doch sehr persönlichen Entscheidung wirklich weiter?

Daher: Hol Dir die Klampfe, auf die Du richtig Bock hast - und dann zieh Dein Ding durch (was anfangs blöderweise immer bedeutet: üben, üben, üben).

Viel Spaß dabei, denn das ist das eigentlich Entscheidende, wünscht Dir
Ehli,
der übrigens den klassischen Weg über die konzertante Ausbildung (mit Menuetts von Bach und so'nem Zeug) gegangen ist, um sich dann das Spielen der E-Gitarre autodidaktisch beizubringen. Geht natürlich auch, muss aber nicht sein.

1 Kommentare

  1. Hallo Ehli, ich bin auch der Meinung, dass man ebenso gut mit einer Westerngitarre anfangen kann. War bei mir der Fall. Anfangs war es etwas schmerzhaft, doch nach ca. einer Woche haben sich die Finger an die Stahlsaiten gewöhnt und ich konnte fröhlich weiter spielen.

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